Jeder Blogger steht gelegentlich an einer Klippe. Der eine nach einem großen High, von dem er glaubt, es nie überbieten zu können, der andere nach einem tiefen Low, weil er trotz aller Versuche nicht mehr an seine Höhenflüge anknüpfen kann. Den einen hat ein zufälliges oder absichtliches mehrtägiges, -wöchentliches, -monatliches weg Sein von Social Media oder eine Blogpause an diese Klippe gebracht, den anderen die starken Winde – der Aufwind, der Rückenwind, der Gegenwind.
Der Feind aller Schreibenden ist der blinkende Cursor, der mit jedem geschriebenen Wort in eine unsichere Zukunft vorangepeitscht wird. Jeder Buchstabe, der unweigerlich das nächste Wort formt, drängt sein Schöpfer näher an den Abgrund. Er wird fallen. Er weiß es. Der Fall ist der Kick. Sein Rausch. Seine Droge.
Die Frage ist nur, ob er sich in der Wahl seiner Worten ein Fangnetz erschaffen oder in ihnen das unausweichliche Ende heraufbeschworen hat. Manchmal weiß er, dass er sicher landet, mal ahnt er, wie es ausgeht, mal schwant ihm Böses, das er dennoch riskiert, und manchmal, ja gelegentlich, nimmt er bewusst Kurs darauf. Der Schreiber wird zum Sadisten, wenn er – bewusst oder unbewusst – andere mit erschaffenen Wahrheiten zu quälen beginnt. Er wird zum Masochisten, wenn er feststellt, dass nichts von dem, was er vorzugeben bereit ist, der Realität entsprechen muss.
Zähneknirschend sitzt er abends im Dunkeln auf seiner Couch. Er verkauft das Ästhetische als Realität und findet in der den Anderen verborgenen Stille seine eigene Wahrheit: dass er sein Leben Bild für Bild, Blog für Blog als Content für der Inflation zum Opfer gefallene Likes verkauft, ohne es je so gelebt zu haben, wie 90-Sekunden-Blogbesucher es wahrnehmen wollten.
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